Moosaik Quartier in Starnberg

Am 11. März 2023 reichten wir folgende Stellungnahme beim Stadtbauamt der Stadt Starnberg ein:

Stellungnahme des VCD KV FFB-STA e.V. zum Bebauungsplan Nr. 81A18 – Teil 1 (Moosaik) der Stadt Starnberg

Ganz grundsätzlich begrüßen wir die vorgesehene Entwicklung im Innenbereich. Die Nutzung bereits versiegelter Flächen minimiert den Flächenverbrauch und kann ein Beitrag sein, wertvolle Natur- und Grünflächen zu erhalten.

Durch die vorgesehene bauliche Innenverdichtung werden die Flächen außerdem effizienter genutzt, was nicht nur ökonomische, sondern auch ökologische Vorteile birgt. Ergänzt um begrünte Begegnungsflächen mit hoher Aufenthaltsqualität kann eine insgesamt nachhaltige Stadtentwicklung entstehen.

Das Nutzungskonzept bietet durch die Verbindung von Wohnen und Arbeit mit sozialen Angeboten, z. B. für Kinderbetreuung, sowie Einkaufsmöglichkeiten und Gastronomie auch die Chance, den Mobilitätsdruck von Bewohner:innen und Beschäftigten zu reduzieren. In Kombination mit ÖPNV- und Sharing-Angeboten sehen wir das Potenzial den induzierten Kfz-Verkehr deutlich zu reduzieren.

Trotz dieser insgesamt positiven Einschätzungen, möchten wir die vorliegende Planung noch um einige Hinweise ergänzen und um Berücksichtigung ersuchen:

Unmittelbare Nähe zum FFH Gebiet Leutstettener Moos

Die Nähe zum FFH-Gebiet Leutstettener Moos stellt aus unserer Sicht die größte Herausforderung für das Baugebiet dar. Eine Beeinträchtigung der dortigen Flora, Fauna und Habitate durch das Bauvorhaben ist in Bau und Betrieb auf jeden Fall auszu­schließen. Die Gebiete sind klar abzugrenzen und das Betreten des Schutzgebietes ist zu unterbinden. Gleichzeitig wäre ein weicherer baulicher Übergang vom Schutzgebiet zum hochverdichteten Teil des Quartiers wünschenswert.

Konkret regen wir an:

  • Bauliche Abstufung der Höhen hin zum FFH-Gebiet nach ornithologischen Gesichtspunkten
  • Betretungsschutz des FFH-Gebiets und begrünte Abgrenzung vom Baugebiet
  • Dach- und Fassadenbegrünung, sowie Reduzierung der Lichtverschmutzung
  • Vogel-freundliches Bauen, Vögel sollen Gebäude und Flächen mitbenutzen können

Regenerative Energieversorgung und Klimaneutralität

Wir verweisen auf den Energiewende-Beschluss im Landkreis Starnberg bis 2035 und Klimaneutralität in Bayern bis 2040 gemäß Bay. Klimaschutzgesetzt. Das Bauvorhaben darf beidem nicht zuwider laufen. Dafür wäre in der Planung bereits heute auf minimalen Energieverbrauch bzw. größtmögliche energetische Autonomie und Klimaneutralität zu achten. Dies ist über den Lebenszyklus der Gebäude betrachtet ökonomisch und auch aus Perspektive der Eigentümerinteressen sinnvoll.

Konkret regen wir an:

  • Bilanzielle energetische Autonomie durch eine Kombination von geringem Energie­bedarf, eigener Stromerzeugung z. B. durch Photovoltaik, Stromspeicherung und dauerhafter Beteiligung an regenerativen Erzeugungsanlagen für den verblei­benden Reststrombedarf
  • Wärmeversorgung mit größtmöglicher Energieeffizienz
  • Müllvermeidung, gegebenenfalls auch Kompostierung und Verwertung vor Ort
  • Bilanzielle Klimaneutralität durch Reduktion des CO2 Ausstoßes bei Bau und Betrieb des Quartiers, z. B. durch die Wahl klimaschonender Baustoffe, und Kompensation des verbleibenden CO2 Restausstoßes

Parkhäuser statt Tiefgaragen

Der Wunsch den Kfz-Verkehr in den Untergrund zu verlagern ist nachvollziehbar und in Grundzügen auch sinnvoll. Hinsichtlich der Klimabilanz des Projektes ist eine Tiefgarage für mindestens 700 Kfz, inklusive Mobilitätskonzept, aber eine schwer kompensierbare CO2-Belastung für das Bauvorhaben.

Vor dem Hintergrund annähernd marktreifer autonom fahrenden Kfz möchten wir dringend anregen, die unterirdischen Bauwerke auf ein Minimum zu reduzieren. Die Gebäude benötigen Anfahrtsbereiche, die eigentlichen Abstellplätze können aber in oberirdische Parkhäuser verlagert werden. Diese Parkhäuser können, wenn sie absehbar nicht mehr benötigt werden, durch weitere Wohn-/Geschäftshäuser ersetzt werden.

Auch hinsichtlich der Grundwassersituation könnten temporäre Parkhäuser statt riesiger Tiefgaragen eine bessere Lösung darstellen.

Konkret regen wir an:

  • Reduzierung der unterirdischen Bauwerke für Kfz-Stellplätze auf ein Minimum
  • Für die Kfz-Stellplätze sollen anstelle Tiefgaragen zunächst Parkhäuser gebaut werden, die – wenn der Bedarf absehbar wegfällt – umgenutzt werden können
  • Die unterirdischen Bauwerke sind auch in Zusammenhang mit einem potenziellen B2-Tunnel zu betrachten, denn gemeinsam stellen diese beiden Maßnahmen eine fast vollständige Barriere für die Grundwasserströme in Nord-/Süd-Richtung dar

Mobilitätskonzept und Stellplatzbedarf

Das vorliegende Mobilitätskonzept unterstützen wir, würden uns aber eine deutlichere Stellplatzreduktion wünschen.

Wenn das Gebiet in der heute diskutierten Form als Quartier der kurzen Wege umgesetzt wird, dann besteht vielfach keine Notwendigkeit mehr einen privaten PKW zu besitzen.

Die Standzeit privater PKW beträgt bereits heute im Durchschnitt ca. 23 Stunden täglich, und auf einen privaten PKW verzichten zu können ist auch ein relevanter sozialer Beitrag eines Mobilitätskonzeptes.

Besonders positiv hervorzuheben finden wir die folgenden Aspekte:

  • Leicht zugängliche, sichere, trockene und komfortable Fahrradabstellplätze
  • Umkleiden, Duschen und Spinde in den gewerblichen Bauteilen für die wachsende Anzahl an Fahrrad-Pendlern (bitte vor allem die Spinde nicht aussparen, diese sind ebenso wichtig wie Duschen und Umkleiden)
  • Verteilte Car- und Bike-Sharing-Angebote, möglichst öffentlich nutzbar, ins­besondere von Lastenrädern, weil diese geeignet sind einen PKW zu ersetzen
  • Doppelnutzung von gewerblichen und privaten Kfz-Stellplätzen, gegebenenfalls auch auf Gastronomie und Handel erweiterbar
  • Einbettung der Mobilitätsstationen in ein gesamtstädtisches System an Mobility Hubs

Folgende Aspekte möchten wir noch ergänzen:

  • Konsequente Verwendung von geteilten Poolfahrzeugen im Rahmen betrieblichen Mobilitätsmanagements (komfortabel digital und ohne Fahrtenbuch möglich)
  • Ein an den S-Bahn-Fahrplan angepasster Pendelbus zwischen Quartier und S-Bahnhof Starnberg Nord. Auch als Pilot-Projekt für autonom betriebene Pendel­busse möglich. Auf jeden Fall sollten Flächen für eine entsprechende Bushalte- oder Wendestelle im Quartier vorgesehen werden

Siehe auch die Hinweise vom Planungsverband Äußerer Wirtschaftsraum München zu Mobilitätskonzepte in neuen Wohnquartieren

Konkret regen wir an:

  • Umsetzung des Mobilitätskonzeptes
  • Deutlichere Reduktion der Stellplätze mit der Möglichkeit zur Umnutzung, z. B. durch den Bau von Parkhäusern statt Tiefgaragen
  • Bereitstellung von Flächen für eine Haltestelle, erforderlichenfalls mit Wende­möglichkeit zur Anbindung eines Pendelbusses zum S-Bahnhof Starnberg Nord

Schaffung von Gemeinschaftsangeboten

Neben dem Mobilitätskonzept stellt auch die Bereitstellung von Gemeinschafts­angeboten eine weitere Möglichkeit dar, Wege zu verkürzen und den Mobilitätsdruck zu reduzieren.

Vorstellbar wären Gemeinschaftsräume ohne Verzehrzwang für Nach­bar­schafts­initiativen, Bibliotheken der Dinge für Leihgeräte, Gemeinschaftsgärten und Werkstätten für Fahrräder und kleinere Reparaturen.

Konkret regen wir an:

  • Bereitstellung von nicht kommerziellen Gemeinschaftseinrichtungen im Quartier

Verkehrliche Erschließung durch den Rad- und Fußverkehr

Damit das Mobilitätskonzept seine volle Wirkung entfalten kann, sind die Fuß- und Radwegverbindungen an das vorhandene Radwegenetz im Umfeld des Quartiers anzubinden.

Eine Brücke über die B2 wäre dabei essenziell und sollte fester Bestandteil der weiteren Planung sein.

Aber auch alle anderen Querungen müssen so beschaffen sein, dass sie die Sicherheit und Leichtigkeit des Fuß- und Radverkehrs gewährleisten.

Konkret regen wir an:

  • Bau einer Fuß- und Radwegbrücke über die B2
  • Alle weiteren Querungen müssen so beschaffen sein, dass die Sicherheit und Leichtigkeit des Rad- und Fußverkehrs gewährleistet ist

Planungsumgriff und Erschließung durch den Kfz-Verkehr

Wie bereits in unserer Position zum B2 Tunnel formuliert, halten wir den vierspurige B2 Ausbau zwischen Anschlussstelle Percha und Tutzinger-Hof-Platz für nicht mehr zeitgemäß und städtebaulich schädlich.

Wir würden deshalb die B2 ab Autobahnanschluss Percha auf eine Spur je Fahrtrichtung reduzieren, was auch die Erschließung des Plangebietes vereinfachen und völlig neue städtebauliche Möglichkeiten für Begrünung und Förderung des Rad- und Fußverkehrs auf den gewonnenen Flächen eröffnen würde.

Konkret regen wir an:

  • Planung einer Erschließungsvariante für ein Szenario ohne B2 Tunnel mit Rückbau der B2 auf jeweils eine Fahrspur je Fahrtrichtung ab Anschlussstelle Percha

2 Kommentare

  • Friedrich Schwarz

    die Stellungnahme ihres Vereins zur Bebauungsplanentwicklung Mosaik ist so unnötig wie ein Kropf. Da sie anscheinend nicht im Stande sind, mit dem notwendigen Realitätsbezug den Vorgang zu beurteilen, sollten sie es einfach den Fachplanern und den in Starnberg hervorragend besetzten Fachgremien überlassen, den Bebauungsplan Mosaik mit sinnvollen Inhalten zu gestalten.
    Bedauerlich ist, dass sie wohl, gefangen in ihrer ideologischen Zwangsjacke, über das Fahrrad nicht hinaus denken können.

    • Sehr geehrter Herr Schwarz,

      vielen Dank für Ihre Rückmeldung. Aber ist es nicht gerade umgekehrt, dass wir die Zeichen der Zeit erkennen und nach neuen Wegen suchen müssen? Begründet sich Fortschritt nicht ganz grundsätzlich darauf, die gegeben Verhältnisse in Frage zu stellen? Und ist das Gute nicht stets der größte Feind des Besseren?

      Im letzten Jahrhundert war die Motorisierung des Landes gesellschaftliches Ziel. Heute sehen wir uns mit Herausforderungen wie Flächenfraß, Klimakrise und Artensterben konfrontiert. Deshalb zeigt der VCD, als Verein der Verkehrswende neue Wege auf, wie’s noch besser für alle gehen könnte.

      Natürlich haben wir hervorragend besetzte Fachgremien. Aber müssen wir diesen Gremien nicht auch sagen, wo wir als Gesellschaft hinwollen? Bauprojekte erschaffen unsere zukünftige Realität. Deshalb melden wir uns auch weiterhin zu Wort, selbst wenn wir Projekte wie dieses insgesamt befürworten.

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