Mehr Schein statt Sein

Trotz gefeierter neuer Radwege-Beschilderung besteht dringend Handlungsbedarf: Beim Umbau in Weßling „vergaßen“ die Verantwortlichen in Gemeinde und Landratsamt den Rad- und Fußverkehr.

Zuletzt feierten Landrat, Bürgermeister und gwt-Geschäftsführer die neue Beschilderung auf einer Radtour von Gilching über Weßling nach Seefeld (Starnberger Merkur und Starnberger SZ berichteten). Doch der Schein trügt: Wären die Herrschaften dieselbe Route in die andere Richtung gefahren, hätten sie eine böse Überraschung erlebt. Die Umleitung der Baumaßnahmen in Weßling zeigt eindrücklich, wie Radlerinnen und Fußgänger wieder einmal vergessen und damit gefährdet werden. Der VCD fordert deshalb, dass diese Mängel rasch behoben werden. „Schönwetter-Aktionen“ wie AGFK-Mitgliedschaft und STAdtradeln sollen endlich konsequente Gleichstellung und spürbare Verbesserungen für Alltags-Radfahrende folgen.

Die Fakten

In Weßling wird die Brücke Hauptstraße-Steinebacher Weg saniert und ist deshalb voraussichtlich bis Ende Juli nicht passierbar. Seit dem 18. April ist die Vollsperrung samt Umleitung so umgesetzt. Doch diese hat starke Schwächen und schneidet an drei Stellen den Rad- und Fußverkehr völlig ab. – In den Worten eines radpendelnden Weßlingers: „Bei der aktuellen Planung wurde der Radverkehr (und der Fußverkehr) komplett vergessen.“

Trotz Beschwerden und Vorschlägen haben die Verantwortlichen in der Gemeinde Weßling und im Landratsamt Starnberg bis heute nichts unternommen. Dies ist umso brisanter, als im Frühsommer besonders viele Menschen per Rad und zu Fuß unterwegs sind und – am Beispiel 2 – Kinder stark betroffen sind.

1. Herrsching – Weßling (Alltags-Radroute mit Priorität 1)

Die Ortseinfahrt nach Weßling im Meilinger Weg ist für Radelnde aus Herrschinger Richtung völlig abgeschnitten. Eine Umleitung ist seit der Einbahnstraßen-Regelung nicht beschildert. Dies ist besonders gefährlich, weil hier Kinder vom und zum Sport auf der Anlage des SC Weßling unterwegs sind. (Foto 2, unten)

2. Steinebach – Oberpfaffenhofen (am Fernradweg Bad Wörishofen – München)

An der Brücke ist die Verbindung in beide Richtungen unterbrochen, ohne beschilderter Umleitung. Der Ammersee-Radweg gehört immerhin zum „Bayernnetz für Radler“. Das zeichnet sich laut Staatsregierung durch „durchgehende Wegweisung und (…) gute Orientierung“ aus. Doch diese Stelle in Weßling macht den Fernradweg für Ortsfremde derzeit eher zum Orientierungslauf, das Landratsamt verweist auf die Gemeinde. (Foto 3, unten)

3. Weßling – Etterschlag (Alltags-Radroute mit Priorität 2)

Auch die Verbindung auf der Grünsinker Straße – ein seit Jahren bestens etablierter Radweg – ist ohne beschilderte Umleitung unterbrochen, und zwar nach der Grünsinker Kapelle. Somit sind Radelnde in Richtung Wörthsee komplett abgeschnitten; dasselbe gilt für Fußgänger. In der entgegengesetzten Richtung wird der Radverkehr auf einem 3,1 m breiten Weg zusammen mit dem Kraftverkehr ohne Geschwindigkeitsbegrenzung (Tempo 100) oder Überholverbot geführt. (Foto 4, unten)

Fazit

Seit 2022 ist Weßling Mitglied der AGFK, der Landkreis Starnberg war 2012 sogar Gründungsmitglied der ArGe fahrradfreundlicher Kommunen. Der AGFK-Leitfaden für Umleitungen fordert: „An Baustellen (…) muss eine durchgängig befahrbare und verkehrssichere Führung realisiert werden. Die Verwendung des Zusatzzeichens „Radfahrer absteigen“ sollte grundsätzlich immer vermieden werden.“

Dies ignorieren Gemeinden und Landkreis jedoch immer wieder. „So sind Sicherheitsrisiken und heftige Kritik von Radfahrer.innen vorprogrammiert, und die Landkreisgemeinden zählen im aktuellen bundesweiten Fahrrad-Klimatest wieder mal zu den Schlusslichtern„, resümiert Heinrich Moser, Vorstand des VCD-Kreisverbands. Daher sind die oben beschriebenen Mängel so schnell wie möglich zu beheben und die AGFK-Richtlinie konsequent anzuwenden. Schließlich ist die noch dreimonatige Bauzeit „Hochsaison“ für Radfahrende.

Darüber hinaus regt der VCD-Kreisverband folgendes an:

  • Priorität Alltagsradler: Die Verkehrsbehörden sollten mit ihren geringen Ressourcen für Rad- und Fußverkehr den Fokus auf Sicherheit und Bequemlichkeit für radelnde Schulkinder, Einkaufende oder Pendler.innen richten.
  • Pro-aktiv sein: Die Kassen sind knapp, doch öffentliche Fördergelder von Freistaat, Bund oder Bahn für den Radverkehr gibt es viele. Gemeinden und Landratsamt sollten die dafür nötigen Planungen erstellen und – zum Beispiel durch Radverkehrsbeauftragte – laufend Verbesserungen vorantreiben.
  • Effizienz: Die vergleichsweise knappen Mittel für den Umweltverbund sind möglichst wirksam einzusetzen. Dies erfordert Monitoring: Wir sehen vor allem den Landkreis in der Pflicht, Mobilitätsströme laufend zu untersuchen sowie die Wirksamkeit von Maßnahmen zu prüfen und jährlich offenzulegen.

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